Es gibt so Abende, da kann man sich eigentlich nicht aufraffen, wegzugehen. Am Ende sind das meistens die besten Nächte. Jedenfalls wenn man im „Fengler“ landet. Es
liegt mitten in Prenzlauer Berg und ist eine Kneipe, aber mit Tanzfläche.
Nicht die große Diskonummer, sondern: ganz gemütliches Rocken.
Früher war das „August Fengler“ eine Kegelstube. Eine Kneipe mit Kegelbahn im Keller, die August Fengler 1936 übernommen hatte.
Ein ordentlicher Wirt soll das gewesen sein, der als Erstes die plüschigen „Liebesecken“ beseitigte und bis 1966 hinterm Tresen stand.
Dann – so geht die Sage – soll er im Hinterzimmer entschlafen sein.
Seine Frau Margarete übernahm den Laden. Die Leute kamen zum Kegeln oder um sich an der Theke bei ihr auszuweinen. Sogar aus dem Westen soll so mancher für ein paar
billige Biere hinüber ins „Fengler“ gekommen sein. Margarete, so sagt man, hatte ein großes Herz und viele Bierdeckel zum Anschreiben.
Heute hängt ein Schwarz-Weiß-Foto von ihr über dem Eingang zu den Toiletten. Rund und fröhlich mit Haube und Schürze sieht man sie da lächelnd hinter dem Tresen aus
Holz. Die Kegelbahn gibt es nicht mehr, außer der Außenfassade ist heute nichts mehr original. Gemütlich ist es trotzdem.
Der Holztresen mit den bunten Glitzerlampen darüber, die roten Sofas und die Wohnzimmerstehlampe in der Ecke. Auf den Tischen stehen Kerzen und lange nicht geleerte
Aschenbecher, und der Boden ist voll von Tabakkrümeln. Sieht ganz nach Absacker-Kneipe aus, gäbe es da nicht noch das Hinterzimmer.
Ein kleiner Raum mit rot gestrichenen Wänden und DJ-Pult in der Ecke. Meistens bleibt man allerdings schon im Türrahmen stecken, weil es so voll ist. Muss man halt
wieder zurückgehen. Vom Sofa zur Tanzfläche sind es nur ein paar Schritte.
Und so sind auch die Leute: entspannt. „Das ist kein Club, sondern eine Kneipe zum Tanzen“, sagt das Mädel mit der Weißweinschorle, das draußen unter der rot-grünen
Markise sitzt. „Man kommt auf einen Wein vorbei und legt dann doch noch mal los.“ Nur wenn man will, sagt der Junge neben ihr und dreht sein Bierglas, „das mit dem Tanzen muss auch nicht sein“.
Das Mädchen: „Irgendwie landet man immer im Fengler“. „Ein Klassiker eben“, sagt der Junge.
Das ist das Gute am „Fengler“. Ob Paare auf der Suche nach Kompromissen, Unentschlossene oder Bequeme, Gruppentiere, Kumpel oder Einzelgänger – am Ende ist jeder
zufrieden.
An so einem Abend, an dem man eigentlich gar nicht los wollte.
Johanna Lühr
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/party-gaenger-august-fengler/1020530.html